Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg
Hure, blöde Fotze, Schlampe
Arbeitnehmer bezeichnet Arbeitgeberin als ""Hure, blöde Fotze, Schlampe"
Vor dem Arbeitsgericht Würzburg ging es um vorgenannte angebliche Äußerungen meines Mandanten, die zur fristlosen sowie hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung führten.
Um es kurz zu machen:
Das Arbeitsgericht hat diese Äußerung als wahr unterstellt und gleichwohl die Kündigungen kassiert, so dass mein Mandant weiter in einer Fastfood Kette beschäftigt ist. Im Einzelnen begründet das Arbeitsgericht das wie folgt:
Eine außerordentliche Kündigung kann erfolgen, wenn ein Sachverhalt, der bei allgemeiner Betrachtung dergestalt gravierend ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung bis zum nächsten vertragsgemäßen Beendigungstermin nicht zugemutet werden kann.
Eine ordentliche Kündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer in vorwerfbarer Weise sich fehl verhalten hat und bereits vorher einschlägig abgemahnt wurde oder aufgrund das Verhalten so gravierend ist, dass keine vorherige Abmahnung mehr erwartet werden durfte.
Nach Überzeugung des Arbeitsgerichts sind die Äußerungen gefallen und zwar dergestalt, dass der Kläger im Küchenbereich gesagt hat, ich bin raus, fick dich du Schlampe, gerichtet an die nicht anwesende Chefin. Im Übrigen habe er gesagt, die Hure soll ihren Scheiß alleine machen. Im Büro hat man sich dann weiter unterhalten. Hier sei der Ausdruck blöde Fotze gefallen. Das Gespräch habe man in einer etwas lauteren Unterhaltungslautstärke geführt, weil es in der Küche ja auch laut zuginge. Bis zu dem Bereich an dem die Kunden bedient werden sind es nach Aussage des Zeugen sieben Meter. Der nächste Mitarbeiter war zwei-drei Meter entfernt. Er hatte von dem Gespräch nichts mitbekommen. Der Zeuge hat erklärt, dass es theoretisch möglich war, dass man den ausgestreckten Mittelfinger erkannt habe.
Es ist ausgeschlossen, dass Kunden in irgendeiner Art und Weise mitbekommen haben, wie der Kläger die Tochter der Chefin beleidigt hat. Selbst der nächstgelegene arbeitende Mitarbeiter hat das Gespräch nicht mitbekommen. Die Kunden sind mindestens fünf Meter weiter als der nächste Mitarbeiter vom Vorfall entfernt gewesen. Zwischen dem Ort des Geschehens und der Kundenbarriere sind diverse Maschinen und Gerätschaften, die Lärm erzeugen. Für das Gericht ergibt sich hier keinerlei Anhaltspunkt, dass auch nur theoretisch die Möglichkeit bestanden hat, ein Kunde habe dieses Gespräch mitgehört... Wenn schon der Mitarbeiter nichts mitbekommen hat, auf die allgemeine Lärmsituation in einer Großküche darf nochmals verwiesen werden, ist das Gericht davon überzeugt, dass auch sonstige Mitarbeiter nichts mitbekommen haben. Es handelt sich also um ein Gespräch, welches ausschließlich zwischen dem Kläger und dem Zeugen geführt wurde. Der Kläger und der Zeuge kennen sich seit zehn Jahren. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts hat der Kläger dieses Gespräch, welches vor dem Hintergrund einer nicht akzeptierten Diensteinteilung erfolgte, als ein Gespräch unter Arbeitskollegen geführt, bei dem er davon ausgehen durfte, der Zeuge werde die entsprechende Vertraulichkeit wahren und nicht andern Orts weitertragen...
Das Bundesarbeitsgericht hat hier bereits in einer sehr frühen Entscheidung, AZ: 2 AZR 79/72 judiziert, dass ein Arbeitnehmer in einer Unterhaltung mit einem Mitarbeiter über Vorstandsmitglieder seines Arbeitgeber und Vorgesetzte dann, wenn er unwahre oder ehrenrührige Tatsachen behauptet, aber sicher davon ausgehen darf, dass sein Arbeitskollege die Äußerungen für sich behalten wird, dem Arbeitgeber regelmäßig keine ausreichende Begründung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund liefert.
Nach Meinung der Rechtssprechung wird hierbei das Arbeitsverhältnis nicht durch den Arbeitnehmer beeinträchtigt, der beleidigt, sondern erst durch den Arbeitnehmer, der die Beleidigung vernommen und das verbreitet hat. Wenn dieser Gesprächspartner die Vertraulichkeit ohne vernünftigem Grund missachtet, wird dadurch das Arbeitsverhältnis belastet. Dies ist dem beleidigendem Arbeitnehmer aber nicht mehr zurechenbar, der davon ausgehen durfte, dass sich Kollegen an die ungeschriebenen Usancen halten und entsprechende Äußerungen nicht weitertragen würde. Im Arbeitsleben kann es öfters mal zu Unmutsäußerungen kommen. Hier kann Stress und Unmut des Augenblicks eine Rolle spielen. Es muss möglich sein, im geschützten Kollegenkreis auch einmal deutlich über das Ziel hinaus zu langen, wenn es sich um eine spontane, sozusagen eruptive Unmutsäußerung handelt. Müsste man immer davon ausgehen, dass solche Äußerungen weitergetragen und höheren Orts vorgetragen würden, würde im betrieblichen Ablauf ein Klima von Angst und Misstrauen herrschen. Dies kann nicht gewollt sein. Die Arbeitnehmer müssen die Gelegenheit haben untereinander auch einmal ihrem Unmut freien Lauf zu lassen, ohne damit rechnen zu müssen, gleich gekündigt zu werden...
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Beklagtenseite behauptet, die Äußerungen seien im Managementbereich gefallen. Selbst wenn dies so war, darf auf die genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hingewiesen werden. Diese spielt im Bankbereich. Es ging um Beleidigung von Vorstandsmitgliedern. Diese befanden sich also ebenfalls auf der Managementebene.
Im Übrigen hat der Kläger unwidersprochen Schriftverkehr eine WhatsApp Gruppe vorgelegt, an dem sich die Beleidigte und die Chefin beteiligten. Dort bezeichnet die Chefin bestimmte, nicht näher benannte Arbeitnehmer als "Weicheier" und beleidigte schließlich mit der Steigerung "Mongos". Nach Auffassung des erkennenden Gerichts bedeutet Mongos ähnlich wie "Spastis" die Bezeichnung eines Arbeitnehmers als Mongoloid, mithin "geistig behindert".
Dies zeigt, ohne dass es entscheidungserheblich wäre, dass sowohl die Beleidigte, als auch dieser Chef es im Umgang mit Arbeitskollegen durchaus bisweilen an der gebotenen Feinfühligkeit ermangeln lassen. Verstärkt werden die vorgenannten Äußerungen aus Sicht des Gerichtes noch erheblich dadurch, dass sie in einer WhatsApp Gruppe, also einer Vielzahl von Arbeitnehmern gegenüber offengelegt werden.
Nachdem der Kläger weder einen fristlosen Kündigungsgrund noch einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund verwirklicht hat, war der Klage zu entsprechen ( AZ: 4 Ca 839/17 ).
Rechtsanwalt Reimers