Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg
Was haben Pornokabinen und Umsonst & Draussens gemeinsam?
Es gibt viele Umsonst & Draussens, oftmals mit anderem Namen, die sich allesamt dadurch auszeichnen, dass sie keinen Eintritt nehmen und oftmals den Nachwuchs ranlassen. Als ehemaliger langjähriger Vorstand des Umsonst & Draussen Würzburg verfolge ich da natürlich deren Überleben. Selbiges wird konkret durch die GEMA bedroht. Durch eine 2011 veröffentlichte Entscheidung des BGH ( AZ: I ZR 175/10 ) verschärft sich diese Bedrohung für u. a. die Bochumer Westerntage, das Barmen Life, Bottrop Life, die Hammerstraße und natürlich auch das Umsonst & Draussen in Würzburg.
Bislang hatte die GEMA für solche Veranstaltungen keinen eigenen Tarif. Das hat sich jetzt geändert. Die Entscheidung betrifft die Zeit vor diesem Tarif. Die Sache wird sich aber durch den neuen Tarif keineswegs bessern.
Normalerweise rechnen sich die GEMA-Gebühren nach dem Eintritt. Alle Feste zeichnen sich ausnahmslos dadurch aus, dass sie eben keine Eintrittsgelder nehmen. Deshalb verfällt die GEMA darauf, nach Flächen abzurechnen. Sie berechnete nun keinesfalls die beschallte Fläche, sondern die insgesamt irgendwie betroffene Fläche, bei einem Stadtfest gerne auch mal die ganze Stadt. Abzugsflächen, nämlich die, die Besucher nicht betreten können, z. B. weil dort Stände sind, nicht zugelassener Verkehrsraum, Backstageraum, etc. berücksichtigt die GEMA nicht und zieht sie demgemäß auch nicht ab.
Sowohl Landes- als auch Oberlandesgericht, als auch nunmehr der BGH haben diese GEMA-Berechnung durchgewunken. Die GEMA sei berechtigt, die Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche zu bestimmen. Bei Freiluftveranstaltungen sei es typisch, dass das Publikum vor der Bühne ständig wechsele und damit insgesamt wesentlich mehr Zuhörer die Musik wahrnehmen, als die auf der beschallten Fläche Zuschauer Platz fänden. Außerdem präge die Musik von der Bühne die gesamte Veranstaltung. Gerade beim letzten Argument dürften sich jedem Musiker die Zehennägel rollen; Musiker kritisieren gerade am Umsonst & Draussen, dass die Musik nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.
Zudem muss man wissen, dass nur der kleinere Teil der auf solchen Veranstaltungen auftretenden Bands überhaupt GEMA-Mitglieder sind. Der GEMA ist das aber egal. Die rechtliche Lage ermöglicht es ihr auch dann für die gesamte Veranstaltung GEMA-Gebühren zu verlangen, wenn auch nur eine einzige Band bzw. ein einziger Musiker GEMA-Mitglied ist. Schön wird man sagen, wenn denn die von den geknechteten Veranstaltern bezahlten GEMA-Gebühren an die Musiker gehen; ist ja letztendlich das alles zu Gunsten der Musiker.
Auch das ist ein großer Irrtum. Die GEMA hat ihren eigenen Verteilungsschlüssel. Die GEMA - und das vergessen regelmäßig alle Gerichte - ist ein eigener Verein mit eigener Satzung. Dort haben die das sagen, die die meisten Einnahmen generieren. Das sind vor allem Tote und die sie vertretende Plattenindustrie ( Sony und Warner Brothers ). Dann gibt es da noch die Untoten, wie Rolling Stones, Peter Maffay, Bernhard Brink, Costa Cordalis, Udo Jürgens, irgendwelche Peggys, Detlefs und was weiß ich. Die erhalten den Löwenanteil der ausgeschütteten GEMA-Gelder. Die vom Umsonst & Draussen verlangten GEMA-Gebühren gehen also nur zum allergeringsten Teil an die dort autretenden Musiker.
Mir ist leider noch nicht klar geworden, warum die GEMA vor Gerichten immer wieder so einen außergewöhnlich guten Stand hat, denn hierfür sprechen weder rechtliche- noch irgendwelche Gerechtigkeitsgesichtspunkte. Und hier kommt die Pornokabine aufs Tableau. Vielleicht zeigt sie, dass ein Gutteil Weltfremdheit möglicherweise mit reinspielt. Denn mit der Entscheidung des OLG Hamburg vom 05.11.08 ( AZ: 5 U 115/07 ) ist klar, dass auch das Zeigen von Pornofilmen in Kabinen GEMA-pflichtig ist. Denn für die GEMA streite die Vermutung, dass möglicherweise auf den abgespielten Filmen vorhandene Geräusche aus dem GEMA-Repertoire stamme.
Nun hat das Internet dazu geführt, dass sowohl die Pornokabine als auch die GEMA sterbende Gewerbe sind. Beide wollen sich wohl nicht kampflos geschlagen geben. Meiner bescheidenen Kenntnis nach wird in ersterer auch ganz ordentlich und in allen Stimmlagen gestöhnt. Dass das jetzt aber GEMA-pflichtig ist ...? Irgendwie weltfremd. Demnächst taucht die GEMA auch noch in ihrem Schlafzimmer auf... Seien Sie also leise.