Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg
Die kriminelle Vereinigung Sanwood Tonstudio (im Lichte aktueller Rechtsprechung)
Als Miteigentümer des Sanwood Tonstudios (http://de.wikipedia.org/wiki/Sanwood) erinnere ich mich noch, dass Emax II, der Akai S 1000 und später S 1100 Sampler nicht wegzudenkende Werkzeuge waren.
Irgendwie kam nie Frage auf, ob es zulässig ist, einfach fremde Sounds zu sampeln, also aufzunehmen und für eigene Studioproduktionen zu nutzen. Ganz klar: Alles, was man irgendwie als Sound bekommen konnte, wurde gesampelt. Eine große Samplebibliothek zeichnete jedes gute Studio aus. Das ging soweit, dass ich sogar den eigenen Studio Flügel sampelte; so ein Sample ist schnell verarbeitet, praktischer und die ganzen vorhandenen Samples von Steinway und Bechstein Flügeln gingen mir auf die Nerven.
Auch wenn ich sicherlich kein Fan von Sabrina Setlur bin, kann ich gut verstehen, dass sie ohne jedes Unrechtsbewusstsein einen - tja wie soll man es nennen - Soundschnipsel benutzt hat.
Das aktuelle Logic, das verbreiteste Programm mit dem aufgenommen wird, schlägt in der Werkseinstellung 15798 Rhythmen vor. So einen Rhythmus hat sich auch Frau Setlur geholt; allerdings eben nicht aus der Logic-Bibliothek.
Tatsächlich ist der BGH-Fall (Az. I ZR 182/11)- wie so oft - ein Grenzfall, weil nicht nur eine snare oder eine basedrum gesampelt wurde, sondern ein vollständiger Rhythmus, wenn auch nur 2 Sekunden davon. Ohne jeden großen Aufwand hätte den Frau Setlur selbst erstellen lassen können; wahrscheinlich hat man einfach nicht dran gedacht und so ging es halt schneller. Vielleicht sollte es auch ein musikalisches Zitat sein, eine Verbeugung vor Kraftwerk.
Tatsächlich geht der BGH mit der von Kraftwerk angestrengten Klage aus dem Jahr 2004 sehr weit, wenn er hier Urheberrechte sieht; denn der Weg dahin, dass schlicht Geräusche schon urheberrechtlich schützbar sind, ist von da aus nicht mehr allzu weit. Die GEMA würde sich sicherlich freuen ( siehe http://www.reimers.de/rechtskurriles/2012/03/22/udwuepornokabinen.html und weiter http://www.reimers.de/www-Recht/2012/02/22/gema.html ).
Das Kriterium des BGH, dass es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten nicht möglich sein darf, den gewünschten Sound selbst herzustellen, erscheint mir einigermaßen weltfremd und vollständig ungeeignet. Es ist technisch immer möglich alles aufzunehmen; auch Ameisen oder Zellen machen Geräusche. Es ist letztlich nur eine Frage des Aufwands. Richtig wäre es, die Grenze dort zu ziehen, wo es eben um Geräusche geht. Geräusche, die in der Natur vorkommen, dürfen nicht urheberrechtlich gerschützt sein. Derzeit ist das auch so Praxis. Die musikalischen „Geräusche“ von Klavieren, Gitarren, Kirchenorgeln, Trommeln und allen möglichen anderen Instrumenten sind als Einzeltöne ebenfalls nicht geschützt. Sogar der Klang eines Raumes (z. B. Petersdom, Central Station NY) wird gesammelt und kann dann jedem Schallsignal hinzugefügt werden.
Natürlich entsprach es lange Zeit den Interessen der Industrie, Samples und Sampler in jedweder Form zu verkaufen. Das könnte sich gerade umkehren, da mit zunehmender Computerisierung von Aufnahmen kaum noch Notwendigkeit bzw. ein Markt für solche Produkte ( Sampler, Rom basierte Synthies, Reverbs, etc. ) existiert. Nur ganz böse Meinende könnten auf die Idee verfallen, dass die jahrelang kostenlosen Geräusche, die in solchen Geräten konserviert sind, nun plötzlich urheberrechtlich zu schützen sind.