Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg
OLG Bamberg zum Identitätsdiebstahl
Sie haben gleich zwei dicke Audi 8 bestellt und wissen nichts davon?
Auch von einem in Ihrem Namen geführten Prozess haben Sie keine Ahnung?
Es ergeht ein rechtskräftiges Urteil gegen Sie, von dem Sie auch nichts wissen?
Das klingt sehr unwahrscheinlich, aber genau so hat es sich für meinen Mandanten zugetragen und das OLG Bamberg (AZ: 4 U 52/14) gab ihm in diesem exotischem Fall - so das Gericht - jetzt letztinstanzlich recht.
Eine Dritte hatte in seinem Namen beide Kaufverträge abgeschlossen. Mit der einfachen Behauptung, sie fahre nun zum Käufer hat die auftretende Vertreterin wohl die Unterschrift unter dem Kaufvertrag gesetzt. Sie ging zum Händler zurück und erhielt beide Autos. Nachdem dieser die Bezahlung moniert und auch einen Anwalt einschaltete, ging es noch weiter und die Vertreterin nahm sich einen Anwalt, wiederum formal in Namen meines Mandanten. Wie es genau zur - falschen - Unterschrift unter die Vollmacht kam, ist unklar. Jedenfalls wurde dann prozessiert, wiederum im Namen meines Mandanten. Es erging ein Urteil vor dem Landgericht Würzburg, in dem mein Mandant zur Zahlung der Pkw verurteilt wurde. Drei Monate später erfuhr mein Mandant völlig zufällig von den Vorgängen.
Meinem Wiedereinsetzungsgesuch wurde stattgegeben und jetzt erklärte der Senat am OLG Bamberg was folgt:
Auf die Berufung des Beklagten wurde das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 19.11.13 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. …
Der Senat weist auf Folgendes hin:
Infolge der wirksamen Wiedereinsetzung ist der Prozess gewissermaßen wieder auf O zurückgestellt. Das bedeutet, dass die Klägerseite zunächst einmal einen schlüssigen Sachvortrag dazu zu unterbreiten hat, unter welchen konkreten Umständen es zu einem konkreten Vertragsschluss zwischen der Klägerseite und dem Beklagten gekommen ist: Sei es durch persönliche Einbindung des Beklagten in den Vertragsschluss, wofür bislang jedwede Anhaltspunkte fehlen, sei es durch eine Vertretung, hier nach Sachlage, die angeblich Bevollmächtigte des Beklagten. Im Vertretungsfall muss die Klägerseite auch noch darlegen und beweisen, dass die angeblich Vertretene wirksam bevollmächtigt war oder nachträglich wurde (§ 164 Abs. 2 BGB). All das muss auch noch mit den dafür vorgesehenen Beweismitteln bewiesen werden. Dazu zählt erst am Ende der Beweiskette, wenn überhaupt, ein "graphologisches" Gutachten. Hier zuvor der Hinweis, dass die bisher vorliegenden Unterschriftsproben des Beklagten für den insoweit sachkundigen Senat deutlich darauf hinweisen dass er nicht der Urheber der Unterschrift auf der Vollmachtsurkunde des erstinstanzlich tätigen Beklagtenvertreters ist.
Im Ergebnis hat der Senat den formaljuristischen Weg gewählt und letztlich erklärt, dass die Klägerseite keinen substantiierten Vortrag geleistet hat. Ganz abgesehen davon, dass der entsprechende Vortrag noch nicht unter Beweis gestellt wurde.
Da nach meiner Überzeugung hier ein klar und einfach nachweisbarer Fall von Identitätsdiebstahl vorlag, war dieser Prozess für das Autohaus auch nicht zu gewinnen. Einziger Vorwurf, den man der Gegenseite machen kann, ist der, dass die Autos sehr leichtfertig an den angeblichen Vertreter herausgegeben wurden.
Rechtsanwalt Reimers