Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg
Abwehr von filesharing Fällen
Das Amtsgericht Düsseldorf hat unter dem AZ: 57 C 1315/14 eine Klage der Kanzlei Schulenburg-Schenk aus Hamburg überwiegend abgewiesen. Die Kanzlei ließ wegen des Filmes "Delta Farce" Abmahnungen versenden. Der Ladenverkaufspreis des Films betrug € 7,99. Der Mandant wurde wegen einer bereits in 2009 stattgefundenen Urheberrechtsverletzung abgemahnt und zur Zahlung von pauschal € 850,-- aufgefordert. Der übliche Vorwurf: Am 07.11. habe er mittels eines filesharing clients das streitgegenständliche Werk anderen Nutzern zur Verfügung gestellt. Natürlich wurde keine Zahlung geleistet. Das Gericht urteilt interessant, indem es letztlich den Filesharingvorwurf bejaht, aber über den Streitwert zu einer Kostenquotelung zu Lasten des Klägers in Höhe von 93 Prozent kommt. Dazu wird etwas kompliziert ausgeführt, zum Teil im typischen Juristendeutsch "... hinsichtlich anderer Verwertungsarten beschränkt sich der Anspruch dagegen auf ein negatives Verbietungsinteresse, soweit die andere Art der Nutzung in seine Rechtsposition eingreift... sowie auf einen Schadensersatzanspruch, der gerade dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts durch anderweitige Verwertung entstanden ist... Dieser Schaden kann jedoch nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden. Deren Zweck ist es nämlich, den Verletzer nicht besser zu stellen, als im Fall einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber, die Lizenzanalogie läuft im Ergebnis also auf die fiktive Annahme eines Lizenzvertrages hinaus...
Hier verhält es sich aber so, dass die Klägerin zur Vergabe von Lizenzen zur Internetverbreitung des Werkes nicht berechtigt war, mithin für sie nicht die Möglichkeit bestand, insoweit Lizenzeinnahmen zu erzielen.
Zum Wert des Unterlassungsanspruchs sagt das Gericht:
"Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach dem wirtschaftlichen Wert des Unterlassungsanspruchs, wobei der Wert... nicht höher sein kann, als für den Urheber oder weitgehend, ausschließlich Nutzungsberechtigten, dem Anspruch auf lizenzanalogen Schadensersatz zustehen würde. Die Methode der Berechnung des Streitwerts im Falle einer Abmahnung durch einen zur Streitwerte von € 10.000,-- und mehr erscheinen jedenfalls nicht gerechtfertigt. Sie stehen außer Verhältnis zu Höhe des zu leistenden lizenzanalogen Schadensersatzes und berücksichtigen auch nicht hinreichend, dass durch die abmahnende Vorgehensweis gegen den Einzelnen das filesharing in seiner Gesamtheit nur wenig berührt wird. Die Annahme eines hohen Streitwertes zum Zwecke der Generalprävention, also im Hinblick auf eine möglicherweise abschreckende Wirkung gegenüber Dritten, ist dem Zivilrecht wesensfremd und daher unzulässig.
Streitwert gegenüber Privatpersonen:
"Die Höhe des Streitwerts des Unterlassungsanspruchs ist gegenüber Privatpersonen zurückhaltend zu bestimmen und beträgt im Hauptsacheverfahren das dreifache der Lizenzgebühr im Fall eines Fotos bei einer ebay-Versteigerung (OLG Nürnberg, NJOZ 2013,1035). Das OLG Düsseldorf nimmt jedenfalls dann, wenn der Schadensersatz durch Lizenzanalogie sich aus einer hohen Jahreslizenz bemisst, selbst im Fall der Verbreitung einer öffentlichen Fussballübertragung durch eine Gastwirt unter Verletzung der Nutzungsrechte des Rechteinhabers (also kommerzieller Bereich) lediglich eine Verdreifachung des Schadensersatzes zur Bemessung des Streitwerts der Unterlassung an (OLG Düsseldorf, AZ: 20 W 81/12). Geht es um Schadensersatz wegen filesharings ist zu berücksichtigen, dass die Eingriffsschwere im Hinblick auf die Weiterverbreitungsmöglichkeit tiefer ist als bei einer zeitlich eng begrenzten ebay-Auktion. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die dem filesharing immanente Möglichkeit unendlicher Weiterverbreitung bereits bei der Höhe des Schadensersatzes berücksichtigt ist und daher wenig Anlass besteht, aus diesen Gründen nochmals den Streitwert massiv zu erhöhen. Insgesamt erscheint dem Gericht gegenüber einer Privatperson, die filesharing betreibt, ein Streitwert in Höhe des fünffachen des Schadensersatzes nach Lizenzanalogie angemessen... Es kommt auf die Anzahl der möglichen direkten Vervielfältigungen für die Dauer der eigenen download Zeit an, weil lediglich im Umfang der eigenen download Zeit die Lebenserfahrung dafür spricht, dass das Werk über das filesharing Netzwerk zur Verfügung gestellt worden ist. Dies Anzahl ist dann mit der fiktiven Lizenzgebühr pro download zu multiplizieren und das Ergebnis in Hinblick auf die besondere Eingriffsintensität des filesharings zu verdoppeln... Nachdem seitens der Klägerseite ein Kaufpreis von € 7,99 vorgetragen ist und zur Lizenzgebühr pro download nicht näher vorgetragen wurde, setzt das Gerichts diese in zurückhaltender Schätzung auf 20 Prozent des Nettoverkaufspreises an, mithin € 1,34. Diese Schätzung folgt aus der mit der Tätigkeit in einem Spezialdezernat verbundenen Kenntnis der Materie, wonach im Durchschnitt 30 Prozent des Nettoverkaufpreises als Lizenzgebühr vereinbart worden sind. Der fehlende Vortrag zu diesem Punkt lässt es naheliegend erscheinen, dass die Lizenzgebühr hier eher niedriger als im Durchschnitt liegt.
Geht man davon aus, dass ein Filmtitel eine Dateigröße von etwa 2 GB aufweist und legt man die Eigenschaft eines üblichen DSL 6000 Anschlusses zugrunde, ergibt sich die Möglichkeit zum download... in folgendem Umfang. Ein DSL 6000 Abschluss ermöglicht den download mit bis zu 752 KB/s, mithin beträgt unter optimalen Bedingungen die download Zeit ca. 5 Minuten. Uploads sind über das DSL 6000 Anschluss mit einer Geschwindigkeit von 48 KB/s möglich. Innerhalb eines Zeitraums von 46,5 Minuten können theoretisch 129,4 MB (1 MB = 1024 KB) an andere Nutzer verbreitet werden. Innerhalb des eigenen download Zeitraums sind daher rechnerisch lediglich 14 downloads durch andere Beteiligte möglich. Mithin ist ein Multiplikationsfaktor von 14 auf den Einsatzbetrag anzuwenden, nach Verdoppelung in Hinblick auf die besondere Eingriffsintensität ergibt sich ein Faktor von 28. Dies entspricht einem Schadensersatzbetrag von € 37,52. Das fünffache des Betrages, also € 187,60 stellt den Streitwert der Abmahnung dar.
Kostenquote 93 Prozent Klägerin, 7 Prozent Beklagter
Rechtsanwalt Reimers