Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg
Justitia vs. Homo oeconomicus
BGH lässt Klage gegen Ratingagentur zu; Entscheidung vom 13.12.2012, AZ: III ZR 282/11 Der Sachverhalt ist altbekannt: Ein Rentner erwirbt ein Zertifikat der Lehman Brothers, das von der Ratingagentur Standard & Poors als Spitzenprodukt ( absolut sicher ) ausgewiesen war. Als Volkswirt weiß ich, dass die juristische und ökonomische Herangehensweise an einen Sachverhalt unterschiedlicher nicht sein könnten. Der juristische Ansatz ist - auch wenn das in der Wissenschaft immer wieder negiert wird - handwerklich, der volkswirtschaftliche Ansatz wissenschaftlich. Und dabei wären wir auch schon am Punkt: Denn zu einer wissenschaftlichen Herangehensweise gehört die Offenlegung eben dieser. Id est: welche Methode, welcher Ansatz und in der Regel: was sind die Parameter des zugrunde gelegten Modells. Was wird wie gemessen und bewertet. Genau in diesem Punkt halten sich aber alle Ratingagenturen nicht nur bedeckt, sie schweigen - wie man bei Lehman Brothers sieht aus guten Gründen. Das hat nun nichts mit Wissenschaft a‘ la urheberrechtlicher Plagiaten ( Gutenberg ) zu tun - nein, das gehört noch viel grundlegender zum wissenschaftlichen Einmaleins. Mit der Methode der Ratingagenturen kann ich auch behaupten, dass die Erde eine Scheibe ist. Eigentlich kann man sich nur wundern, wie und warum den Ratingagenturen soviel Macht - die sie nun denn mal haben - zugeschrieben wurde. Wissenschaftliche Gründe können es jedenfalls nicht sein. Spannend wird die Frage sein, ob sich mit dieser unwissenschaftlichen und mehr als nebulösen Herangehensweise der BGH beschäftigen wird. Verschiedene Konstrukte liegen auf der Hand:
Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte,
§ 823 II BGB i.V m. § 263 StGB ( Unterdrückung bzw. Vorspiegelung von Tatsachen),
Vertrag zu Lasten Dritter ( zwischen S&P und den die strukturierten Papiere herausgebenden Banken).
Bis dato ging es ja nur um Formalia, nämlich die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt. Da ging es also definitiv nur um handwerklich juristisches ( § 23 ZPO ).
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